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DFG Projekte

6.1.1.3. neu

Jede Veränderung führt zu einer neuen Passung von Situation und relevantem, passendem Situationswissen – was richtig war, ist es in Teilen nicht mehr – Altes, Irrelevantes muss vergessen werden, damit Neues angewandt werden kann. Im Projekt SPP 1921 [GEPRIS] wird beispielsweise untersucht, wie die Mechanismen des menschlichen Vergessens für einen technischen und organisationalen Kontext nutzbar gemacht werden können.

Gesamtkoordination SPP 1921

Forschungs-Projekt "Cyber-physical Forgetting in sozio-digitalen Systemen" 

6.1.1.1

Regelverstöße sind eine häufige Ursache von Unfällen, wie Unfallauswertungen in unterschiedlichen Organisationen zeigen. Bislang liegen weder ein theoretischer Rahmen, noch systematische Untersuchungen der Einflussfaktoren auf Regelverstöße vor. In diesem Projekt [GEPRIS] wird ein theoretischer Rahmen entwickelt, der die bisher vereinzelt dargestellten Einflussfaktoren auf Regelverstöße systematisiert und integriert.

6.1.1.2

Die Wirkung von Refresher-Interventionen auf den Fertigkeitserhalt von komplexen, dynamischen Arbeitstätigkeiten der Prozesskontrolle über längere Zeitintervalle unter Berücksichtigung von Mental Workload und Situation Awareness
KL2207/3-3 [GEPRIS]
Der Umgang mit hochkomplexen technischen Systemen, wie z.B. die Prozesssteuerung von chemischen Anlagen, stellt hohe Anforderungen an die kognitiven Fertigkeiten der Operateure. Eine zentrale Herausforderung ist der Erhalt der Fertigkeiten aufgrund hoher Automationsgrade und den damit verbundenen seltenen Anwendungsmöglichkeiten. Zum Fertigkeitserhalt werden daher in der Praxis sog. Refresher-Interventionen eingesetzt. Ziel einer Refresher-Intervention ist die Wiederherstellung des Leistungsniveaus, das am Ende eines Ersttrainings erreicht wurde, nachdem ein bestimmtes Zeitintervall des Nichtabrufens vergangen ist. In den geplanten Experimenten soll „Testen“ als vielversprechende Refresher-Interventionsmethode untersucht werden. Tests in Form von Prüfungen nach einer Lernphase können, wie sich in anderen Untersuchungen zeigte, den Fertigkeitserhalt mehr fördern als zusätzliche Wiederholungen des Lernmaterials. Dieser sog. Testeffekt wird dadurch erklärt, dass Tests eine höhere Wiederauffindungsanstrengung und tiefere Verarbeitung von Informationen erfordern (Bjork, 1999). Den theoretischen Annahmen von Bjork folgend, wurde erwartet, dass nach einem längeren Zeitintervall des Nichtgebrauchs das Abprüfen der Fertigkeiten zu einer hohen Transferleistung führt. Dabei bauten die Studien auf unserer Forschung zu Trainingstransfer über längere Zeitintervalle des Nichtgebrauchs sowie auf Vorstudien zum Antrag auf.
Da Design, Methoden und didaktische Aufbereitung von Refresher-Interventionen im Vorfeld zu diesem Projekt wenig elaboriert waren, k dieser Forschungszweig stark von neuen Erkenntnissen profitieren. Aus den Ergebnissen sollen Gestaltungsempfehlungen für Interventionen zum Fertigkeits- und Wissenserhalt von komplexen Arbeitstätigkeiten abgeleitet werden.Im DFG-Projekt "Die Wirkung von Refresher-Interventionen auf den Fertigkeitserhalt von komplexen, dynamischen Arbeitstätigkeiten der Prozesskontrolle über längere Zeitintervalle unter Berücksichtigung von Mental Workload und Situation Awareness (KL2207/3-3)" [GEPRIS] wurde das Gaze-Guiding Tool entwickelt. Dieses Tool soll das Erinnern und Ausführen von selten genutzten Fertigkeiten unterstützen.
Ergebnisse: Die von uns durchgeführte Studie zu vier Refresher Interventionen (RI) und drei Sequenz-Typen ist die umfangreichste ihrer Art und ermöglicht eine bisher nicht mögliche Aussage zur allgemeinen Wirkung von Refresher-Interventionsarten auf verschiedene abhängige Variablen. Eine derart systematisch durchgeführte und kontrollierte Untersuchung lag bisher noch nicht vor. Die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst: Eine RI ist immer die bessere Wahl für den Fertigkeitserhalt als keine RI sowie, dass eine Practice-RI den Fertigkeitserhalt in Bezug auf die Produktionsleistung am besten unterstützt. Die Anzahl der Anfahrfehler wird durch die Gruppen Practice, Testen und Symbolic Rehearsal vergleichbar unterstützt. Die zusätzliche Analyse des Gaze Guidings hat gezeigt, dass das Gaze Guiding als Alternative zu einer Practice-RI genutzt werden kann und Fehler reduziert. Die Analyse des Mental Workloads weist darauf hin, dass sich die Gruppen nicht im Mental Workload unterscheiden. Hier sollte in Erwägung gezogen werden, dass der Index of Cognitive Activity (ICA) zunächst noch weiter untersucht werden sollte, bevor dieser für weitere Analysen herangezogen wird. So ist z.B. geplant den ICA mit weiteren Berechnungsmöglichkeiten zur Pupillometrie der Pupillenvergrößerung, die mit dem Eyetracker gemessen wurde, zu vergleichen. Eine erste Analyse der Mental Workload-Daten hat gezeigt, dass die Daten linksschief verteilt sind und nicht mit dem weiteren Mental Workload Indikator „Nebenaufgabe“ korrelieren (p >.05). Die linksschiefe Verteilung weist entweder darauf hin, dass alle Teilnehmer/innen unterfordert und gelangweilt waren, oder aber die Methode der ICA nicht geeignet ist, oder einer Überarbeitung bedarf.
Publikationen zu diesem Projekt:
Weyers, B., Frank, B., Bischof, K., and Kluge, A. (2015). Gaze guiding as support for the control of technical systems. Int. J. Inf. Syst. Crisis Response Manag. 7, 59–80. doi:10. 4018/IJISCRAM.2015040104
Frank, B., Kluge, A. (2017). Cued Recall with Gaze Guiding—Reduction of Human Errors with a Gaze-Guiding Tool. In: Hale, K., Stanney, K. (eds) Advances in Neuroergonomics and Cognitive Engineering. Advances in Intelligent Systems and Computing, vol 488. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-319-41691-5_1
Frank, B., and Kluge, A. (2017). “Cued recall with gaze guiding—reduction of human errors with a gaze-guiding tool,” in Advances in neuroergonomics and cognitive engineering. Editors K. S. Hale and K. M. Stanney (Cham, Germany: SpringerInternational Publishing), 3–16. https://doi.org/10.1007/978-3-319-41691-5_1
Frank, B., and Kluge, A. (2018). Can cued recall by means of gaze guiding replace refresher training? An experimental study addressing complex cognitive skill retrieval. Int. J. Industrial Ergonomics67, 123–134. doi:10.1016/j.ergon.2018.05.007

 

Die Wirkung von Ambient Awareness auf die zeitliche Koordination von räumlich verteilten Teams
KL2207/7-1 [GEPRIS]
Die zeitliche Koordination ist ein wichtiger Aspekt von Teamarbeit. Koordination bezieht sich z.B. auf die Beobachtung des eigenen Teamarbeits-Fortschritts, auf das richtige Timing, z.B. durch die Beobachtung der Zustände eines technischen Systems, die zeitliche Reihenfolge von Unteraufgaben, und die Anpassung an dynamische Veränderungen im Kontext. Grundlage einer optimalen zeitlichen Koordination ist die sog. Task State Awareness (TSA). Ohne TSA entstehen z.B. Fehler beim Timing und bei der Synchronisation von Tätigkeiten.
Der Fokus des Projekts lag auf der zeitlichen Koordination von räumlich getrennt arbeiten Teammitglieder in der Produktion. Um zeitliche Koordination und TSA zu unterstützen, nutzten Teams in gemeinsamen geteilten Arbeitskontexten verschiedene Techniken wie z.B. das Seite-an-Seite miteinanderarbeiten oder geskriptete Koordination (z.B. durch Standard Operating Procedures). Örtlich getrennt arbeitende Teammitglieder können jedoch die Vorteile des Seite-an-Seite Arbeitens und den damit verbundenen geteilten visuellen Kontext nicht nutzten, um eine TSA herzustellen. Die zentrale Fragestellung unseres Projektes lautete daher: Inwieweit kann Augmented Reality (AR) dazu beitragen, die zeitliche Koordination einer geskripteten Team-Aufgabe durch den Aufbau einer TSA zu unterstützen, die von räumlich getrennt arbeiteten Teammitgliedern ausgeführt wird?
Experiment: Emprisches Laborexperiment mit 2 x 2 Design (Faktor 1: 2D/3D Augmentierungen und Faktor 2 (statisch/dynamische Systemzustandsdarstellung). Insgesamt 110 dyadische Teams (N = 220), die jeweils eine individuelle Aufgabe und eine gemeinsame Teamaufgabe ausführen. Zusätzliche Kontrollgruppe: Räumlich nicht verteilt arbeitende dyadische Teams (N = 22 Teams).
Hypothesen: Zunächst wurde ein Haupteffekt der AR Augmentierungen auf die zeitliche Koordination der Teamaufgabe angenommen (H1). Zusätzlich haben wir den Nutzen von 2D versus 3D Augmentierungen sowie von statischer versus dynamische Darstellung für die TSA und die zeitliche Koordination untersucht. Dabei war die Annahme, dass 3D Einblendungen die TSA besser unterstützen als die 2D Einblendung (H2). Zudem haben wir hypothetisiert, dass die dynamische Darstellung die TSA der individuellen Aufgabe besser unterstützt als die statische, da eine dynamische Darstellung der verbleibenden Zeit bis zum korrekten Timing des nächsten Eingriffs in der Teamaufgabe weniger Aufmerksamkeitsressourcen erfordert als die statische und somit mehr Aufmerksamkeitsressourcen bei der individuellen Aufgabe verbleiben.
Das langfristige Ziel der Forschung bestand darin, ein AR-basiertes und empirisch untersuchtes Koordinationsartefakt zu entwickeln um die zeitliche Koordination räumlich getrennt arbeitender Teammitgliedern durch eine erhöhte TSA zu unterstützen.
Die Ergebnisse tragen dazu bei, Teamkoordinationsanforderungen besser zu verstehen und Leitlinien zu entwickeln, die auf arbeitspsychologischen und Human–Computer-Interaction-Prinzipien beruhen, um diese in der digitalisierten Produktion und in der Industrie 4.0/ 5.0 einzusetzen.

Publikationen zu diesem Projekt:
Kluge, A., Borisov, N., Schüffler, A., & Weyers, B. (2018). Augmented reality to support temporal coordination of spatial dispersed production teams.
Schweiß, T., Thomaschewski, L., Kluge, A., & Weyers, B. (2019). Software Engineering for AR-Systems considering User Centered Design Approaches. https://doi.org/10.18420/muc2019-ws-622
Thomaschewski, L., Weyers, B., & Kluge, A. (2019). Power to the People! Ein nutzerzentrierter Designansatz im Rahmen der Entwicklung eines Augmented Reality (AR)-basierten Assistenzsystems zur Unterstützung der zeitlichen Koordination räumlich verteilter Teams. In Gesellschaft für Arbeitswissenschaften (Chair), Arbeit interdisziplinär analysiere - bewerten - gestalten. Symposium conducted at the meeting of Gesellschaft für
Thomaschewski, L., Weyers, B., & Kluge, A. (2020, September 7–9). Using usability and user experience scores to design an Augmented Reality-based Ambient Awareness interface to support spatially dispersed teams. In 2020 IEEE International Conference on Human-Machine Systems (ICHMS) (pp. 1–6). IEEE. https://doi.org/10.1109/ICHMS49158.2020.9209564
Thomaschewski, L., Weyers, B., & Kluge, A. (2021). A two-part evaluation approach for measuring the usability and user experience of an Augmented Reality-based assistance system to support the temporal coordination of spatially dispersed teams. Cognitive Systems Research, 68(3), 1–17. https://doi.org/10.1016/j.cogsys.2020.12.001
Thomaschewski, L., Feld, N., Weyers, B., & Kluge, A. (2023a). I sense that there is someone else: an exploratory study on the influence of the media richness of Augmented Reality-based assistance systems on team experience and performance. Frontiers in Virtual Reality, 4, Article 1163337, 819. https://doi.org/10.3389/frvir.2023.1163337
Thomaschewski, L., Feld, N., Weyers, B., & Kluge, A. (2023). The Use of Augmented Reality for Temporal Coordination in Everyday Work Context. In A. Simeone, B. Weyers, S. Bialkova, & R. W. Lindeman (Eds.), Human–Computer Interaction Series. Everyday Virtual and Augmented Reality (Vol. 9, pp. 57–87). Springer International Publishing. https://doi.org/10.1007/978-3-031-05804-2_3
Thomaschewski, L. (2024). Aligning Human, Task, and Technology: A Psychological Perspective on Designing AR Technologies for Enhanced Remote Collaboration. Dissertation. Ruhr-Universität Bochum. https://hss-opus.ub.ruhr-uni-bochum.de/opus4/frontdoor/index/index/year/2024/docId/12691

 

AR-basierte Avatare für die Unterstützung räumlich verteilter Teams
Zusatzuntersuchung im Rahmen des DFG Projekts Die Wirkung von Ambient Awareness auf die zeitliche Koordination von räumlich verteilten Teams (KL2207/7-1 [GEPRIS]).
Untersuchung der Effekte von Gestaltungsmerkmalen Augmented Reality-basierter Avatare auf die Teamperformance und das Teamerleben räumlich verteilter Teammitglieder. Empirische Laborstudie (N = 23).
Publikationen zu diesem Projekt:
Thomaschewski, L., Feld, N., Weyers, B., & Kluge, A. (2023a). I sense that there is someone else: an exploratory study on the influence of the media richness of Augmented Reality-based assistance systems on team experience and performance. Frontiers in Virtual Reality, 4, Article 1163337, 819. https://doi.org/10.3389/frvir.2023.1163337
Thomaschewski, L. (2024). Aligning Human, Task, and Technology: A Psychological Perspective on Designing AR Technologies for Enhanced Remote Collaboration. Dissertation. Ruhr-Universität Bochum. https://hss-opus.ub.ruhr-uni-bochum.de/opus4/frontdoor/index/index/year/2024/docId/12691